Die aktuelle Ausgabe der Literaturzeitschrift Akzente zum Thema “Gute Literatur”
Florian Kessler ist Lektor beim Hanser Verlag und Herausgeber der aktuellen Ausgabe der Literaturzeitschrift Akzente. Darin hat er eine faszinierende Stimmenskulptur der Literaturszene aus Antworten auf eine vermeintlich einfache Frage versammelt: “Wann gelingt Literatur, wann ist sie in irgendeiner Weise gut?”
Robert Menasses Roman “Die Erweiterung” (erschienen im Suhrkamp Verlag)
Robert Menasse begibt sich in seinem neuen Roman Die Erweiterung wieder einmal in die Tiefen und Abgründe der Europäischen Union: Der Helm des Skanderbeg, des albanischen Nationalhelden, der einst sein Fürstentum im heutigen Albanien gegen einfallende muslimische Osmanen verteidigte, wird im Kunsthistorischen Museum in Wien zu einem unauffälligen Highlight. Kurz darauf ist der Helm verschwunden und keiner weiß so recht warum und wohin.
Lucy Frickes Roman “Die Diplomatin” (erschienen im Claassen Verlag)
Friedericke Andermann, genannt Fred, ist die Hautpfigur in Lucy Frickes fünftem Roman Die Diplomatin und Botschafterin in Uruguay. Dort beschäftigt sie sich vor allem mit der Frage nach der Farbe der Servietten und der Versorgung mit deutschen Bratwürsten bei den Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit. Nach einem Skandal verliert Fred ihren Posten und wir treffen sie zwei Jahre später als Konsulin in Instanbul wieder.
Dort setzt sie sich ein für den jungen Deutsch-Türken Bariş, der seine Mutter, die als regimekritische Künstlerin im Istanbuler Frauengefängnis einsitzt, besucht und daraufhin selbst festgesetzt wird. Zu allem Überfluss gerät auch noch der deutsche Journalist David ins Visier des türkischen Justizapparats und Fred muss feststellen, dass sie mit den klassischen Mitteln der Diplomatie mehr und mehr an Grenzen stößt.
Harper Lees Roman “Wer die Nachtigall stört” (hier als Taschenbuch in der Ausgabe vom Rowohlt Verlag)
Harper Lees Erfolgsroman Wer die Nachtigall stört erzählt die Geschichte der sechsjährigen Scout, die im kleinen Ort Maycomb, Alabama zur Zeit der Depression Anfang der 1930er Jahre aufwächst. Ihre Jugend ist unbeschwert, sie verbringt viel Zeit draußen und spielt mit ihrem Bruder Jem und dem gemeinsamen Freund Dill, bis diese Idylle schrittweise Risse bekommt und Scout mehr und mehr mit den Realitäten des Erwachsenenlebens konfrontiert wird.
Max Osswalds Roman “Von hier betrachtet sieht das scheiße aus” (erschienen bei DTV)
Mit 29 Jahren ist Ben Schneider im Leben in einer Sackgasse angekommen: Sein Job als Wirtschaftsprüfer erfüllt ihn nicht, der Kontakt mit Familie und Freunden ist abgerissen, einzig sein Drogendealer verschafft ihm mit den entsprechenden Substanzen etwas Erleichterung. Ben entscheidet sich, seinem Leben ein Ende zu setzen und engagiert dafür einen Auftragsmörder, der in genau 50 Tagen zuschlagen soll.
Sir Arthur Conan Doyles “Sherlock Holmes” (hier in der Ausgabe aus dem Anaconda Verlag)
Sherlock Holmes ist sicher jedem ein Begriff. Nicht nur ist er der bekannteste Detektiv der Welt, der mit feiner Beobachtung und präziser Deduktion auch die Fälle löst, die die Polizei schier zur Verzweiflung treibt, sondern er ist wohl auch insgesamt einer der berühmtesten Persönlichkeiten der Weltgeschichte.
Tobias Sommers Roman “Das gekaufte Leben” (erschienen bei DTV)
Hauptfigur in Tobias Sommers viertem Roman Das gekaufte Leben ist Clemens Freitag, ein wenig ambitionierter Pechvogel, dessen Leben von schweren Schicksalsschlägen geprägt ist. Eines Tages entdeckt Freitag im Internet eine Auktion eines Mannes namens Götz Dammwald, der darin sein gesamtes Leben versteigert, inklusive Haus am See, Auto, einer Stammtischrunde und sogar einem gut bezahlten Job. Clemens Freitag schlägt zu, doch als er sein neues Leben antritt, muss er bald feststellen, dass das durchaus seine Tücken hat. Zu allem Überfluss tauchen – im wahrsten Sinne des Wortes – einige gutgehütete Geheimnisse aus dem an sein Grundstück angrenzenden See auf und Freitag muss sich mit ihnen auseinandersetzen, ob er will oder nicht.
Maxim Leos Roman “Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße” (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch)
Im Juli 1983 fährt eine mit 127 Menschen besetzte S-Bahn unbehelligt vom Berliner Bahnhof Friedrichstraße in den Westen. Verantwortlich für eine der größten Massenfluchten der DDR-Historie soll der Reichsbahner Michael Hartung gewesen sein. Angeblich wurde dieser über zwei Monate dazu verhört und gefoltert, schwieg jedoch beharrlich. Zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls gräbt der Journalist Landmann diese Story in den Stasi-Akten aus und wittert den großen journalistischen Coup.
Das Problem: Die Geschichte ist so nie passiert und Michael Hartung ist kein Held, sondern bestenfalls ein nachlässiger (und etwas fauler) Bahnangestellter. Gemeinsam entschließen sich der Videothekbesitzer und der Medienmacher, mit einer stark optimierten Version der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen, die jedoch schon bald zu einer großen Bürde zu werden droht.
Maxim Leo stellt die erfundene Fluchtgeschichte an den Anfang seines neuen Romans Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße und blickt satirisch auf Geschichte und Geschichtsschreibung, die Macht der Medien und die Interessen der Politik. Mehr zu diesem sehr lesenswerten Roman erfahrt ihr in dieser Folge.
Yasmina Rezas Roman “Serge” (erschienen im Hanser Verlag, übersetzt von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel)
Die jüdischen Geschwister Jean, Nana und Serge reisen mit Serges Tochter Joséphine nach Auschwitz, um die dortige Gedenkstätte zu besuchen. Mit Ausnahme von Joséphine sind alle vor allem mit sich selbst und den eigenen trivialen Alltagssorgen beschäftigt, insbesondere Serge reagiert mit zynischer Ablehnung angesichts des von Touristen überfüllten “Themenparks”. Es kommt wie es kommen muss: Ein Streit entzweit die Geschwister so sehr, dass sie sich erst im Angesicht des Todes einander wieder annähern können.
Heute ist die letzte Interview-Folge aus der @dasdebuet-Reihe erschienen: @sharondoduaotoo ist bei mir im Podcast zu Gast und wir sprechen über ihren Roman „Adas Raum“. Hört unbedingt rein, es ist ein spannendes Gespräch dabei herausgekommen (auch wenn die Tonqualität leider etwas gelitten hat). Das Interview findet ihr wie immer bei mir im Podcast-Feed, bei Spotify und überall, wo man Podcasts hören kann.